Die jüngste Geschichte Karstadt-Arcandors kommt einem vor wie ein vorgezeichneter Plan, um den Kaufhäusern in Deutschland den Garaus zu machen. Nach der von den Kartellbehörden und den Politikern hingenommenen Konzentration kommt nun die Insolvenz und der Konkurs. Die Führungskräfte haben diese Lage herbeigeführt und bekommen dafür auch noch mehrere Millionen Euro im Jahr. Photo: Das neue Karstadt-Haus in Berlin-Steglitz, an der Stelle des früheren Wertheim-Hauses, das, weil es unter Denkmalschutz steht, in den Neubau integriert wurde.
Der neueste Finanz- und Wirtschaftsskandal in Deutschland ist die Insolvenz des größten Konzerns der Kaufhausbranche: Arcandor. Er wird aus den Kaufhausketten Karstadt-Quelle, dem Reiseveranstalter Thomas Cook und Primondo (Fernsehverkauf, Versandhandel) gebildet.
Es ist schwer verständlich, daß eine Gruppe wie Karstadt-Quelle scheitern kann, wird sie doch von hochrangigen Führungskräften geleitet (vor allem, was die Gehälter anbelangt, denn wie man sieht, hatten sie in Sachen Leitung der ihnen anvertrauten Firmen kein sehr hohes Niveau). Die bei Investitionen und dem Verkauf von Vermögenswerten begangenen Fehler haben jedoch in den Konkurs geführt. Die gegenwärtigen Eigentümer Schickedanz, also die Erben des Kauf- und Versandhausimperiums Quelle, sowie die Privatbank SAL Oppenheim halten zusammen 56 vom Hundert der Aktien, während die übrigen 44 vom Hundert unter vielen Kleinaktionären verstreut sind) haben entweder keinen Wert mehr auf eine verantwortungsvolle Geschäftsführung gelegt oder aber sie haben auf den Ruin von Unternehmen mit langer Tradition gesetzt. Photo: Das KaDeWe, Kaufhaus des Westens, am Berliner Tauentzien).
Sowohl Karstadt als auch Quelle waren ursprünglich und bis vor wenigen Jahren (im Falle von Quelle) Familienunternehmen, und solange sie alleine bestanden, hatten sie niemals ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten. Karstadt begann als Einzelhandelsgeschäft im Jahre 1881 in der Hansestadt Wismar. Im Gegensatz zu den meisten Gründern von Kaufhäusern in Deutschland war Rudolph Karstadt nicht Jude. Im Jahre 1885 schloß er sich mit Theodor Althoff zusammen, woraus später eine der größten Warenhausketten Deutschlands in den Grenzen von 1918 wurde.
Genauso wie Karstadt entstand ein weiterer Warenhauskonzern, der in den 90er Jahren von Karstadt übernommen wurde: Hertie. Hermann Tietz, sein Begründer, war Jude. Seine Warenhauskette war allerdings diejenige mit dem höchsten Niveau und Eignerin der Luxuskaufhäuser, die in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg fortbestanden: KaDeWe und Alsterhaus. Hertie hatte auch andere örtlich begrenzte Kaufhäuser übernommen, wie zum Beispiel Held Berlin, KFA Stuttgart und Wertheim. Photo: Das erste Hertie in Gera ist zuletzt ein Horten-Kaufhaus gewesen, wird zur Zeit in ein Einkaufszentrum umgewandelt , das die noch vorhandenen alten Stuck- und Holzverkleidungen wiederentdeckt; (Horten wurde zwischenzeitlich von Kaufhof, der zweitgrößten Kaufhauskette Deutschlands, übernommen).
Die Übernahme von Hertie durch Karstadt war soetwas wie die Schändung der Unternehmertradition der Kaufhausbranche in Deutschland, denn Hertie war mit Sicherheit die Kaufhauskette mit dem größten Ansehen und der besten Qualität von allen, die es einst gab. Wenngleich Tietz seines Unternehmens durch die Arisierung der Nationalsozialisten entledigt wurde, führte der Käufer das Unternehmen wie ein Familienunternehmen weiter.
Hertie wurde also übernommen und teilweise aufgelöst. Die kleinsten Häuser von Hertie und Karstadt wurden an einen britischen Anleger indischer Herkunft zusammen mit der Marke Hertie veräußert, aber wie das auch in Spanien mit dem ältesten Kaufhaus SEPU sowie der deutschen Tochter von Woolworth (heute ebenfalls in der Insolvenz, mit 300 Geschäften) geschehen ist, trachten die britischen Anleger (hinter denen oft die sogenannten Hedge Funds oder Heuschreckenfonds stehen) nur nach der gewinnbringenden Veräußerung der schmackhaften Immobilien, um schnelles Geld zu machen, und nicht nach der Fortsetzung der unternehmerischen Tradition. Sie ruinieren arglistig die Unternehmen, um ihre Vermögenswerte zu verkaufen und sie auf immer dicht zu machen. Hertie ist dieses Schicksal bereits im April 2009 erfahren und wird dieser Tage geschlossen.
Vor ein paar Monaten verpflichtete Arcandor einen neuen Vorstands-vorsitzenden, der von der deutschen Telekom kommt und der den Konzern in nur drei Monaten in die Insolvenz geführt hat (es ist anzunehmen, daß das der eigentliche Plan Arcandors war, als man Herrn v. Eick anwarb). Die Verhandlungen mit der Regierung über die Gewährung von Beihilfen haben nichts genutzt, die Eigentümerin von Quelle, Schickedanz, eine der reichsten Familien Deutschlands, will von der Sache nichts wisse. Photo: Das Kaufhaus Tietz in Berlin in der Leipziger Strasse, Anfang des 20. Jahrhunderts).
Wenige Tage vor der Insolvenz verschwanden -wie es scheint- Gelder von den Konten von Quelle, wodurch der Druck der neuen Herbst-Winter-2009-Kataloge mit Kosten von ca. 50 Mio. Euro aufs Spiel gesetzt wurde. Die Kataloge sind grundlegende Voraussetzung für das Überleben des größten Versandhausunternehmens Europas (inzwischen vermutlich gerettet durch eine Bürgschaft der Bayerischen Regierung). Die neuesten "Erkenntnisse" über die eventuelle Verbindung des Quelle-Gründers mit den Nazis ist möglicher Weise ein Hinweis darauf, daß bei der ganzen Insolvenzgeschichte vielleicht noch andere Absichten mitspielen.
Daß Arcandor jetzt praktisch in den Konkurs geraten ist, ist nur schwer zu begreifen, denn von den 120 Kaufhäusern sind viele sehr gewinnträchtig, vor allem das angesehenste Haus KaDeWe Berlin. Aber auch das KaDeWe mußte Insolvenz beantragen. Wenn das nicht schlechte Geschäftsführung ist, was ist es dann? Organisiertes Verbrechen?
Ende des letzten Jahres beschloß Karstadt, einer sehr alten und angesehenen Marke mit langer Kaufhaustradition ein Ende zu setzen: Zwei Häuser in Berlin trugen noch den Wertheim, und in Berlin war das Wertheim am Kurfürstendamm ein Bezugspunkt und eine Touristenattraktion. Man führte dazu an, die Werbekosten seien so hoch und lohnten sich bei nur zwei Häusern mit anderem Namen nicht - nachdem Wertheim innerhalb des Hertie-Konzerns mehr als 60 Jahre lang seine Eigenständigkeit bewahrt hatte und inzwischen auf eine Firmengeschichte von mehr als 150 Jahren zurückblicken konnte.
Es ist doch gerade die Entfremdung der großen Firmengruppen, die zu deren Untergang beiträgt. Das Verschwinden von Marken und Unternehmen mit jahrzehntelanger Tradition und großem Ansehen sowie die Vereinheitlichung des Angebots, statt es auszuweiten und zu diversifizieren, hat nur dazu geführt, daß man ständig Kunden verliert, Umsatz einbüßt und die Qualität der Produkte und des Kundendienstes sinkt. Karstadt war nie eine Marke höherer Qualität, sie gehörte eher dem mittleren oder unteren mittleren Segment an. Quelle verkaufte immer Niedrigpreiserzeugnisse, die für die große Masse der Verbraucher mit geringerer Kaufkraft erschwinglich waren. Hertie bediente dagegen ein gehobenes mittleres Verbraucherniveau , im Falle des KaDeWe und des Alsterhauses ein sehr gehobenes Kundenniveau. Alles dies ist mit dem Identitätsverlust und der Aufhebung der Selbständigkeit der einzelnen Häuser und Ketten sowie mit der Schändung ihrer Markennamen verlorengegangen. Das Wachstum der Unternehmensgruppen baut auf Faktoren wie der Erhöhung der Bilanzsummen, der monopolistischen Beherrschung des Marktes und der Verdrängung des Wettbewerbs, der internationalen Ausweitung des Geschäfts und der größeren Streuung der Geldanlagen auf.
Aber in Wirklichkeit führen solche Expansions- und Wachstumsgeschäfte dazu, daß eine Unternehmensgruppe unkontrollierbar, unüberschaubar und uneffizient wird, um Gewinne erwirtschaften zu können. In vielen Fällen sind dien Gewinnsteigerungen nur die Folge der Bilanzsummen- und Einnahmenzusammenführung von immer mehr Unternehmen ohne ein wirkliches und gefestigtes Wachstum. Ein Unternehmen wächst so unkontrolliert und kann plötzlich vor einer Zunahme der Risiken stehen, ohne das laufende Geschäft konsolodiert zu haben. Außerdem verliert es die Fühlung mit der Marktwirklichkeit und verliert an Anreizen für die Verbraucher, die eine ständige Abnahme der Angebotsvielfalt, eine Verschlechterung der Produktqualität und der Qualität des Kundendienstes und das Fehlen von Bezugswerten sehen, ist es doch zum Beispiel erbauender, bei Wertheim einzukaufen als bei Karstadt, des Namens wegen.
Aber was bei Arcandor wirklich vorkommt, ist symptomatisch. Es scheint, daß die Globalisierung mit der Internatio-nalisierung der Großunternehmen und der zunehmenden Vereinheitlichung des Produktangebots auf dem besten Wege zum eigenen Untergang ist. Die Schaffung von großen Konzernen mit Phantasienamen trägt zu einem Identitätsverlust bei, dem gleichen, den die Bürger mit dieser so künstlichen und fernen Europäischen Union erleiden. Alles wird damit gerechtfertigt, Kosten reduzieren zu müssen und die Mobilität der Menschen zu erhöhen. Photo: Das jahrzehntelang als Anziehungspunkt Berlins wirkende Kaufhaus Wertheim am Kurfürstendamm, jetzt in ein allzu gewöhnliches Karstadt-Kaufhaus verwandelt Als nächstes kommt der Konkurs wegen Kundenmangels.
Man sagt, ein Unternehmen, das nicht wächst, ist zum Scheitern verurteilt, aber niemand scheint auf den Gedanken zu kommen, daß ein Unternehmen auch ohne Wachstum überleben kann, daß es sogar durch eine Verringerung seiner Größe überleben kann, das sogenannte Gesundschrumpfen. Das unbegrenzte Wachstum ist nicht machbar, denn es gelangt irgendwann an seine Grenzen. Wachstum ist nur auf Kosten des Wettbewerbs möglich, was für den Verbraucher als auch die Innovation nachteilig ist.
Der Fall des Eisernen Vorhangs war für die stagnierende westliche Wirtschaft eine Erleichterung, aber obwohl im Osten noch viele Bedürfnisse zu decken sind, befindet sich das wirtschaftliche Wachstum in einem Zustand der unmittelbar bevorstehenden Implosion. Die Globalisierung, wie man sie uns aufgemalt hat, war ein großer Reinfall. Sie schreitet nicjht mit den notwendikgen Kontrollmechanismen voran und sichert auch nicht ein nachhaltiges und schrittweises Wachstum. Photo: Neckermann war gleich nach Quelle das größte Versandhausunternehmen Deutschlands. Sein Motto lautet: "Neckermann macht's möglich", das darauf aufbaute, daß man bei Neckermann absolut alles kaufen konnte, was der Verbraucher so brauchte. Das Haus wurde Mitte der 70er Jahre von Karstadt übernommen, die Neckermann-Kaufhäuser übernahmen die Marke Karstadt.
In nur 15 Jahren hat Arcandor mit wahrer Freude an der Zerstörung der langen Tradition der folgenden Kaufhausketten und Versandhäuser ein Ende gesetzt: Hertie (gegründet 1882), Karstadt (gegründet 1881), Wertheim (gegründet 1852), Neckermann (gegründet 1950, hauptsächlich Versandhaus), Quelle (gegründet 1927, hauptsächlich Versandhaus) und Schöpflin (gegründet 1929, Versandhaus), gehörte seit 1964 zu Quelle und wurde 1999 geschlossen); hinzu kommt die Insolvenz der Flaggschiffe KaDeWe (gegründet 1907 durch Jahndorf) und Alsterhaus (gegründet 1911 durch Tietz). Es ist an der Zeit, die Konzentratiosnpolitik der Großunternehmen und die persönliche Haftung ihrer Führungskräfte zu überdenken, die schließlich und hauptsächlich die Verantwortlichen für die unternehmerischen Fehlleistungen sind.
Der neueste Finanz- und Wirtschaftsskandal in Deutschland ist die Insolvenz des größten Konzerns der Kaufhausbranche: Arcandor. Er wird aus den Kaufhausketten Karstadt-Quelle, dem Reiseveranstalter Thomas Cook und Primondo (Fernsehverkauf, Versandhandel) gebildet.
Es ist schwer verständlich, daß eine Gruppe wie Karstadt-Quelle scheitern kann, wird sie doch von hochrangigen Führungskräften geleitet (vor allem, was die Gehälter anbelangt, denn wie man sieht, hatten sie in Sachen Leitung der ihnen anvertrauten Firmen kein sehr hohes Niveau). Die bei Investitionen und dem Verkauf von Vermögenswerten begangenen Fehler haben jedoch in den Konkurs geführt. Die gegenwärtigen Eigentümer Schickedanz, also die Erben des Kauf- und Versandhausimperiums Quelle, sowie die Privatbank SAL Oppenheim halten zusammen 56 vom Hundert der Aktien, während die übrigen 44 vom Hundert unter vielen Kleinaktionären verstreut sind) haben entweder keinen Wert mehr auf eine verantwortungsvolle Geschäftsführung gelegt oder aber sie haben auf den Ruin von Unternehmen mit langer Tradition gesetzt. Photo: Das KaDeWe, Kaufhaus des Westens, am Berliner Tauentzien).
Sowohl Karstadt als auch Quelle waren ursprünglich und bis vor wenigen Jahren (im Falle von Quelle) Familienunternehmen, und solange sie alleine bestanden, hatten sie niemals ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten. Karstadt begann als Einzelhandelsgeschäft im Jahre 1881 in der Hansestadt Wismar. Im Gegensatz zu den meisten Gründern von Kaufhäusern in Deutschland war Rudolph Karstadt nicht Jude. Im Jahre 1885 schloß er sich mit Theodor Althoff zusammen, woraus später eine der größten Warenhausketten Deutschlands in den Grenzen von 1918 wurde.
Genauso wie Karstadt entstand ein weiterer Warenhauskonzern, der in den 90er Jahren von Karstadt übernommen wurde: Hertie. Hermann Tietz, sein Begründer, war Jude. Seine Warenhauskette war allerdings diejenige mit dem höchsten Niveau und Eignerin der Luxuskaufhäuser, die in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg fortbestanden: KaDeWe und Alsterhaus. Hertie hatte auch andere örtlich begrenzte Kaufhäuser übernommen, wie zum Beispiel Held Berlin, KFA Stuttgart und Wertheim. Photo: Das erste Hertie in Gera ist zuletzt ein Horten-Kaufhaus gewesen, wird zur Zeit in ein Einkaufszentrum umgewandelt , das die noch vorhandenen alten Stuck- und Holzverkleidungen wiederentdeckt; (Horten wurde zwischenzeitlich von Kaufhof, der zweitgrößten Kaufhauskette Deutschlands, übernommen).
Die Übernahme von Hertie durch Karstadt war soetwas wie die Schändung der Unternehmertradition der Kaufhausbranche in Deutschland, denn Hertie war mit Sicherheit die Kaufhauskette mit dem größten Ansehen und der besten Qualität von allen, die es einst gab. Wenngleich Tietz seines Unternehmens durch die Arisierung der Nationalsozialisten entledigt wurde, führte der Käufer das Unternehmen wie ein Familienunternehmen weiter.
Hertie wurde also übernommen und teilweise aufgelöst. Die kleinsten Häuser von Hertie und Karstadt wurden an einen britischen Anleger indischer Herkunft zusammen mit der Marke Hertie veräußert, aber wie das auch in Spanien mit dem ältesten Kaufhaus SEPU sowie der deutschen Tochter von Woolworth (heute ebenfalls in der Insolvenz, mit 300 Geschäften) geschehen ist, trachten die britischen Anleger (hinter denen oft die sogenannten Hedge Funds oder Heuschreckenfonds stehen) nur nach der gewinnbringenden Veräußerung der schmackhaften Immobilien, um schnelles Geld zu machen, und nicht nach der Fortsetzung der unternehmerischen Tradition. Sie ruinieren arglistig die Unternehmen, um ihre Vermögenswerte zu verkaufen und sie auf immer dicht zu machen. Hertie ist dieses Schicksal bereits im April 2009 erfahren und wird dieser Tage geschlossen.
Vor ein paar Monaten verpflichtete Arcandor einen neuen Vorstands-vorsitzenden, der von der deutschen Telekom kommt und der den Konzern in nur drei Monaten in die Insolvenz geführt hat (es ist anzunehmen, daß das der eigentliche Plan Arcandors war, als man Herrn v. Eick anwarb). Die Verhandlungen mit der Regierung über die Gewährung von Beihilfen haben nichts genutzt, die Eigentümerin von Quelle, Schickedanz, eine der reichsten Familien Deutschlands, will von der Sache nichts wisse. Photo: Das Kaufhaus Tietz in Berlin in der Leipziger Strasse, Anfang des 20. Jahrhunderts).
Wenige Tage vor der Insolvenz verschwanden -wie es scheint- Gelder von den Konten von Quelle, wodurch der Druck der neuen Herbst-Winter-2009-Kataloge mit Kosten von ca. 50 Mio. Euro aufs Spiel gesetzt wurde. Die Kataloge sind grundlegende Voraussetzung für das Überleben des größten Versandhausunternehmens Europas (inzwischen vermutlich gerettet durch eine Bürgschaft der Bayerischen Regierung). Die neuesten "Erkenntnisse" über die eventuelle Verbindung des Quelle-Gründers mit den Nazis ist möglicher Weise ein Hinweis darauf, daß bei der ganzen Insolvenzgeschichte vielleicht noch andere Absichten mitspielen.
Daß Arcandor jetzt praktisch in den Konkurs geraten ist, ist nur schwer zu begreifen, denn von den 120 Kaufhäusern sind viele sehr gewinnträchtig, vor allem das angesehenste Haus KaDeWe Berlin. Aber auch das KaDeWe mußte Insolvenz beantragen. Wenn das nicht schlechte Geschäftsführung ist, was ist es dann? Organisiertes Verbrechen?
Ende des letzten Jahres beschloß Karstadt, einer sehr alten und angesehenen Marke mit langer Kaufhaustradition ein Ende zu setzen: Zwei Häuser in Berlin trugen noch den Wertheim, und in Berlin war das Wertheim am Kurfürstendamm ein Bezugspunkt und eine Touristenattraktion. Man führte dazu an, die Werbekosten seien so hoch und lohnten sich bei nur zwei Häusern mit anderem Namen nicht - nachdem Wertheim innerhalb des Hertie-Konzerns mehr als 60 Jahre lang seine Eigenständigkeit bewahrt hatte und inzwischen auf eine Firmengeschichte von mehr als 150 Jahren zurückblicken konnte.
Es ist doch gerade die Entfremdung der großen Firmengruppen, die zu deren Untergang beiträgt. Das Verschwinden von Marken und Unternehmen mit jahrzehntelanger Tradition und großem Ansehen sowie die Vereinheitlichung des Angebots, statt es auszuweiten und zu diversifizieren, hat nur dazu geführt, daß man ständig Kunden verliert, Umsatz einbüßt und die Qualität der Produkte und des Kundendienstes sinkt. Karstadt war nie eine Marke höherer Qualität, sie gehörte eher dem mittleren oder unteren mittleren Segment an. Quelle verkaufte immer Niedrigpreiserzeugnisse, die für die große Masse der Verbraucher mit geringerer Kaufkraft erschwinglich waren. Hertie bediente dagegen ein gehobenes mittleres Verbraucherniveau , im Falle des KaDeWe und des Alsterhauses ein sehr gehobenes Kundenniveau. Alles dies ist mit dem Identitätsverlust und der Aufhebung der Selbständigkeit der einzelnen Häuser und Ketten sowie mit der Schändung ihrer Markennamen verlorengegangen. Das Wachstum der Unternehmensgruppen baut auf Faktoren wie der Erhöhung der Bilanzsummen, der monopolistischen Beherrschung des Marktes und der Verdrängung des Wettbewerbs, der internationalen Ausweitung des Geschäfts und der größeren Streuung der Geldanlagen auf.
Aber in Wirklichkeit führen solche Expansions- und Wachstumsgeschäfte dazu, daß eine Unternehmensgruppe unkontrollierbar, unüberschaubar und uneffizient wird, um Gewinne erwirtschaften zu können. In vielen Fällen sind dien Gewinnsteigerungen nur die Folge der Bilanzsummen- und Einnahmenzusammenführung von immer mehr Unternehmen ohne ein wirkliches und gefestigtes Wachstum. Ein Unternehmen wächst so unkontrolliert und kann plötzlich vor einer Zunahme der Risiken stehen, ohne das laufende Geschäft konsolodiert zu haben. Außerdem verliert es die Fühlung mit der Marktwirklichkeit und verliert an Anreizen für die Verbraucher, die eine ständige Abnahme der Angebotsvielfalt, eine Verschlechterung der Produktqualität und der Qualität des Kundendienstes und das Fehlen von Bezugswerten sehen, ist es doch zum Beispiel erbauender, bei Wertheim einzukaufen als bei Karstadt, des Namens wegen.
Aber was bei Arcandor wirklich vorkommt, ist symptomatisch. Es scheint, daß die Globalisierung mit der Internatio-nalisierung der Großunternehmen und der zunehmenden Vereinheitlichung des Produktangebots auf dem besten Wege zum eigenen Untergang ist. Die Schaffung von großen Konzernen mit Phantasienamen trägt zu einem Identitätsverlust bei, dem gleichen, den die Bürger mit dieser so künstlichen und fernen Europäischen Union erleiden. Alles wird damit gerechtfertigt, Kosten reduzieren zu müssen und die Mobilität der Menschen zu erhöhen. Photo: Das jahrzehntelang als Anziehungspunkt Berlins wirkende Kaufhaus Wertheim am Kurfürstendamm, jetzt in ein allzu gewöhnliches Karstadt-Kaufhaus verwandelt Als nächstes kommt der Konkurs wegen Kundenmangels.
Man sagt, ein Unternehmen, das nicht wächst, ist zum Scheitern verurteilt, aber niemand scheint auf den Gedanken zu kommen, daß ein Unternehmen auch ohne Wachstum überleben kann, daß es sogar durch eine Verringerung seiner Größe überleben kann, das sogenannte Gesundschrumpfen. Das unbegrenzte Wachstum ist nicht machbar, denn es gelangt irgendwann an seine Grenzen. Wachstum ist nur auf Kosten des Wettbewerbs möglich, was für den Verbraucher als auch die Innovation nachteilig ist.
Der Fall des Eisernen Vorhangs war für die stagnierende westliche Wirtschaft eine Erleichterung, aber obwohl im Osten noch viele Bedürfnisse zu decken sind, befindet sich das wirtschaftliche Wachstum in einem Zustand der unmittelbar bevorstehenden Implosion. Die Globalisierung, wie man sie uns aufgemalt hat, war ein großer Reinfall. Sie schreitet nicjht mit den notwendikgen Kontrollmechanismen voran und sichert auch nicht ein nachhaltiges und schrittweises Wachstum. Photo: Neckermann war gleich nach Quelle das größte Versandhausunternehmen Deutschlands. Sein Motto lautet: "Neckermann macht's möglich", das darauf aufbaute, daß man bei Neckermann absolut alles kaufen konnte, was der Verbraucher so brauchte. Das Haus wurde Mitte der 70er Jahre von Karstadt übernommen, die Neckermann-Kaufhäuser übernahmen die Marke Karstadt.
In nur 15 Jahren hat Arcandor mit wahrer Freude an der Zerstörung der langen Tradition der folgenden Kaufhausketten und Versandhäuser ein Ende gesetzt: Hertie (gegründet 1882), Karstadt (gegründet 1881), Wertheim (gegründet 1852), Neckermann (gegründet 1950, hauptsächlich Versandhaus), Quelle (gegründet 1927, hauptsächlich Versandhaus) und Schöpflin (gegründet 1929, Versandhaus), gehörte seit 1964 zu Quelle und wurde 1999 geschlossen); hinzu kommt die Insolvenz der Flaggschiffe KaDeWe (gegründet 1907 durch Jahndorf) und Alsterhaus (gegründet 1911 durch Tietz). Es ist an der Zeit, die Konzentratiosnpolitik der Großunternehmen und die persönliche Haftung ihrer Führungskräfte zu überdenken, die schließlich und hauptsächlich die Verantwortlichen für die unternehmerischen Fehlleistungen sind.
2 Kommentare:
Tom, Ihren ungehobelten Kommentar werde ich nicht zulassen, danke aber für ein paar der Hinweise, was nicht heißt, daß ich mit Ihrer Meinung über die inhaltliche Richtigkeit meines Artikels einverstanden bin. Vielen Deutschen mangelt es an Umgangsformen, dazu gehören auch Sie. Falls Sie kein deutsch können, weise ich darauf hin, daß in diesem Blog keine Anglizismen verwendet werden. Die Anglizismenkrankheit der Deutschen teile ich nicht. Man muß doch in der Lage sein, sich in seiner eigenen Sprache verständlich auszudrücken, ohne Denglisch-Kauderwelsch zu verwenden. Wenn Ihnen Fernsehverkauf nicht gefällt, ist das Ihr Problem. Im übrigen ist die Beschreibung der Tätigkeit Primondos die, die der Konzern ihr gibt.
Über das Wertheim in Steglitz ist hier ein guter Artikel: http://www.morgenpost.de/bezirke/steglitz-zehlendorf/article878024/Wertheim_Steglitz_bekommt_Originalfassade_zurueck.html
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