Frankreich versuchte, die Kolonialmacht auch mit anderen Weißen zu festigen
Postkarte aus dem algerischen La Stidia: Ursprünglich war Brasilien das Ziel der deutschen Auswanderer gewesen. |
Algerien feiert am 3. Juli den 50.
Jahrestag seiner Unabhängigkeit. Fast 7000 Deutsche hatten sich ab 1830
überreden lassen, das Siedlungswerk Frankreichs in Nordafrika zu
unterstützen. Mit der Unabhängigkeit verließen die Nachkommen Algerien
und gingen nach Frankreich.
Am 12. Juni 1830 landete Frankreich mit seiner Kriegsflotte und einer 37.000 Mann starken Armee an der algerischen Küste, nahm die Stadt Algier nach einer Belagerung am 4. Juli ein. Algerien wurde französische Kolonie. Um ihren Einfluß zu festigen, versuchten die französischen Kolonialbehörden, Landsleute für eine Auswanderung nach Algerien zu gewinnen und sie dort anzusiedeln. Ebenfalls mit dem Ziel, die neue Kolonie an der Nordküste Afrikas mit Franzosen zu bevölkern, beschloß die französische Nationalversammlung im September 1848 spezielle Gesetze, welche die Auswanderung in die Kolonien fördern sollten, wie beispielsweise freier Transport, freie Unterkunft und freies Ackerland in der Größenordnung zwischen zwei und zehn Hektar, kostenlose Überlassung von Vieh und Saatgut. Nur 100.000 Franzosen ließen sich von diesem Angebot bis 1870 anlocken.
Am 12. Juni 1830 landete Frankreich mit seiner Kriegsflotte und einer 37.000 Mann starken Armee an der algerischen Küste, nahm die Stadt Algier nach einer Belagerung am 4. Juli ein. Algerien wurde französische Kolonie. Um ihren Einfluß zu festigen, versuchten die französischen Kolonialbehörden, Landsleute für eine Auswanderung nach Algerien zu gewinnen und sie dort anzusiedeln. Ebenfalls mit dem Ziel, die neue Kolonie an der Nordküste Afrikas mit Franzosen zu bevölkern, beschloß die französische Nationalversammlung im September 1848 spezielle Gesetze, welche die Auswanderung in die Kolonien fördern sollten, wie beispielsweise freier Transport, freie Unterkunft und freies Ackerland in der Größenordnung zwischen zwei und zehn Hektar, kostenlose Überlassung von Vieh und Saatgut. Nur 100.000 Franzosen ließen sich von diesem Angebot bis 1870 anlocken.
Da die Bemühungen derart wenig Erfolg zeitigten, warben Auswanderungsagenten in den 1840er Jahren auch in Frankreichs Nachbarländern, den deutschen Staaten, Luxemburg, Belgien, der Schweiz für eine Auswanderung nach Algerien. Zwischen 1820 und 1882 hatten insgesamt nur 380.000 Franzosen ihre Heimat verlassen, allerdings mehr als vier Millionen Deutsche in Übersee eine neue Heimat gesucht. Viele preußische Untertanen wurden mit Tricks zur Auswanderung nach Algerien überredet. Dabei spielten die französischen Auswandererhäfen Le Havre und Dünkirchen eine wichtige Rolle.
Anfang Mai 1846 hatten sich etwa 200 arme Familien aus der Mosel- und Eifelregion und dem Trierer Raum ins nordfranzösische Dünkirchen begeben, um von dort nach Brasilien auszuwandern. In Dünkirchen mussten sie erfahren, daß für die Überfahrt nach Brasilien keine Schiffe bereitstanden und sie einem Schwindler aufgesessen waren. Eine Rückkehr in die Heimat war unmöglich; dort hatten sie alles aufgegeben, einschließlich ihrer preußischen Staatsangehörigkeit. Am 16. Juni 1846 entschied der französische Ministerrat in Paris, die Preußen nach Algerien zu verschiffen.
Da die französische Kolonialmacht gerade die strategisch wichtige Küstenstraße von Mostaganem nach Oran ausbauen ließ, wurden die Preußen zu deren Sicherung in zwei an ihr gelegenen Siedlungen angesiedelt. Eines der „deutschen“ Dörfer war „La Stidia“ östlich von Oran, nahe bei dem Verwaltungssitz Mostaganem, direkt am Mittelmeer. Das zweite deutsche Dorf war St. Leonie. Es lag etwa fünf Kilometer vom Verwaltungssitz Arzew entfernt, etwas im Landesinnern.
In La Stidia errichteten 1846/47 die Auswanderer, unterstützt von französischen Soldaten, 66 Häuser, eine Schule, ein Bürgermeisteramt, eine kleine Kapelle, einen Waschplatz sowie Straßen und Wasserleitungen. Gärten und Obstbaumplantagen wurden angelegt. 1848 hatte das Dorf 467 Einwohner, hauptsächlich Menschen aus dem Raum Trier, dem Kreis Daun, und den Altkreisen Prüm, Bitburg, Bernkastel und Wittlich. Mit den 438 Preußen lebten noch 25 Franzosen und vier Spanier in La Stidia.
Das Dorf St. Leonie war etwas kleiner. 1851 bildeten 168 Preußen und 26 Franzosen die Dorfgemeinschaft. Ein Dorfplan zeigt, dass der Ort wie eine Kolonialsiedlung sehr planmäßig angelegt war, versehen mit einer Stadtmauer, zwei Stadttoren und vier Wachtürmen.
Die meisten Familien lebten von der Landwirtschaft. Die Felder, die man ihnen zugewiesen hatte, waren vom Dorf drei bis vier Kilometer entfernt, die klimatischen Verhältnisse für die Eifelländer ungewohnt, die Erträge in den Anfangsjahren gering. Am Anfang versuchten sie, die traditionellen europäischen Pflanzen anzubauen. Mißernten durch Trockenheit verschlimmerten die Lage. Von den Sumpfgebieten breitete sich die Malaria aus. Täglich präsentieren sich daher im „Consulate« Preußen, die nichts inniger wünschten, als in ihr Vaterland zurückzugelangen.
Das ungewohnte, heiße Klima und der Wassermangel führten zu einer Abkehr von der traditionellen Landwirtschaft. Man experimentierte und pflanzte schließlich Eukalyptus, Palmen, Oliven, Mandeln und Wein an. Allmählich brachte die Umstellung kleine Erfolge, gewöhnten sich die jüngeren Auswanderer an das neue Land, und es entstanden Verbindungen zu den nichtpreußischen Mitbewohnern. Viele Elsässer, aber auch manche Franzosen nahmen die Lebensgewohnheiten der Eifelländer an und integrierten sich in die deutschen Siedlungen. Das führte dazu, daß in La Stidia und St. Leonie über Jahrzehnte die deutsche Sprache und auch Gebräuche und Sitten aus der alten Heimat der Deutschen das Dorfleben bestimmten. Bis 1900 war die deutsche Sprache in diesen Dörfern noch dominant. Auch die Verwaltung wurde zeitweise von Einwanderern aus Preußen beziehungsweise deren Nachfahren geleitet. Der Bürgermeister von La Stidia war von 1884 bis 1890 Nikolaus Etten. Die französischen Behörden versuchten jedoch, die „Preußen“ möglichst bald einzubürgern.
Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71, bis zu dem zwischen 6000 und 7000 Deutsche ins französische Algerien eingewandert waren und rund jeder 20. Weiße ein Deutscher war, bedeutete eine Zäsur. Während Deutsche und Franzosen sich in Europa umbrachten, hatten die deutschen Auswanderer im französischen Afrika mit Repressalien zu kämpfen. Viele entschieden sich deshalb, ihre Staatsangehörigkeit aufzugeben und stattdessen die französische anzunehmen. So kämpften im Ersten Weltkrieg Enkel der Auswanderer aus Deutschland auf Seiten Frankreichs gegen das Land ihrer Vorväter.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg wurden per Gesetz vom 21. Juni 1871 100.000 Hektar Land in Algerien den für Frankreich optierenden Elsaß-Lothringern zur Verfügung gestellt. Etwa 6000 zu großen Teilen deutschsprachige Elsaß-Lothringer hatten von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Sie gründeten etwa 60 Dörfer im Departement Algier im elsässischen Stil. Nach 1871 war man vor allem auf die Stärkung der französischen Bevölkerung bedacht, die Begünstigung fremder Einwanderer hörte auf. 1880 lebten bereits 350.000 Franzosen in Nordafrika.
Bei der Unabhängigkeit Algeriens 1962 gab es eine Million Weiße in Algerien, die nach oft fünf bis sechs Generationen das Land verlassen mußten, unter ihnen auch die Nachkommen der Preußen. Die meisten dieser „Pieds Noirs“ (Schwarzfüße) fanden in Südfrankreich eine neue Heimat, nur durch das Mittelmeer von ihrer alten Heimat getrennt.
(sprachlich und grammatisch leicht korrigiert)
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