Zensur oder Pressefreiheit – Friedrich der Große, dessen 300.
Geburtstag wir in wenigen Wochen feiern, beantwortete die Frage auf
seine Weise: Er gestaltete die damals übliche Zensur so, daß sie ein
für seine Zeit höchst unübliches Maß an Pressefreiheit ermöglichte.
„Dem hiesigen Berlinischen Zeitungsschreiber (soll) eine unbeschränkte Freiheit gelassen werden zu schreiben, was er will, ohne dass solches zensiert werden soll.“ Mit dieser knappen Dienstanweisung überraschte der junge Preußenkönig am sechsten Tag seiner Regentschaft, also am 5. Juni 1740, seinen „Wirklichen Geheimen Staatsminister“ Heinrich von Podewils. Damit war die Zensur in Preußen zwar nicht gänzlich abgeschafft, der königliche Befehl bezog sich auf den nichtpolitischen Teil der Zeitungen. Aber es war ein erster wichtiger Schritt in Richtung Presse- und Meinungsfreiheit, ganz im Geiste der Aufklärung, die Friedrichs Denken und Handeln bestimmte.
„Dem hiesigen Berlinischen Zeitungsschreiber (soll) eine unbeschränkte Freiheit gelassen werden zu schreiben, was er will, ohne dass solches zensiert werden soll.“ Mit dieser knappen Dienstanweisung überraschte der junge Preußenkönig am sechsten Tag seiner Regentschaft, also am 5. Juni 1740, seinen „Wirklichen Geheimen Staatsminister“ Heinrich von Podewils. Damit war die Zensur in Preußen zwar nicht gänzlich abgeschafft, der königliche Befehl bezog sich auf den nichtpolitischen Teil der Zeitungen. Aber es war ein erster wichtiger Schritt in Richtung Presse- und Meinungsfreiheit, ganz im Geiste der Aufklärung, die Friedrichs Denken und Handeln bestimmte.
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“, postulierte der große Königsberger Philosoph Immanuel Kant und forderte, der Mensch solle „sich unabhängig von Vorurteil, Tradition und Offenbarung seines eigenen natürlichen Verstandes bedienen“. Dass der Mensch dies nur kann, wenn er freien Zugang zu Wissen und Informationen hat und sich frei von staatlichem oder sonstigem institutionellen Zwang seine Meinung bilden kann, ergibt sich geradezu zwangsläufig aus diesem Kant'schen Postulat.
Preußen hatte in jener Zeit doppeltes Glück: In Kant hatte es einen Denker, der fähig war, eine den strengen Gesetzen der reinen Vernunft genügende Sittenlehre allgemeinverständlich zu formulieren. Und in Friedrich II. hatte es eine wahrhaft große Herrscherpersönlichkeit, unter der sich der Geist der Aufklärung relativ ungehindert entfalten konnte.
Geradezu verblüffend ist die Tatsache, daß dies möglich war, obwohl es eine gut organisierte staatliche Zensur gab. Unter Friedrich dem Großen wurde sie zwar betont milde gehandhabt, was sich schon aus den hinlänglich bekannten Toleranzvorstellungen des Königs in Religionsfragen ergab. Aber es gab sie, diese Zensur! Wer etwas Gedrucktes publizieren wollte, wußte genau, welchen Kontrollen seine Texte unterlagen, wo Grenzen gezogen waren und mit welchen Konsequenzen er zu rechnen hatte, wenn er diese Grenzen überschritt.
Aus heutiger Sicht ist man geneigt, diesen Zustand als unvereinbar mit Meinungs- und Pressefreiheit zu bewerten. Offenbar ist man heute allzu sehr darauf fixiert, solche Freiheiten überhaupt nur da für möglich zu halten, wo Zensur „nicht stattfindet“ – oder zumindest laut Grundgesetz nicht stattfinden sollte.
Über lange Phasen der Geschichte Preußens diente die Zensur aber nicht der Verhinderung oder Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit, sondern der Kanalisierung. Sie schuf einen klar definierten und unmissverständlich formulierten Rechtsrahmen, schuf also Rechtssicherheit und muss unter diesem Aspekt als Instrument der Rechtsstaatlichkeit bezeichnet werden.
Deren Basis war das typisch preußische Freiheitsverständnis: Freiheit nicht als absoluter, von allem anderen isolierter Selbstzweck, sondern als eine Größe, die sich nur dann für das Gemeinwohl segensreich entfalten kann, wenn sie an Verantwortung gebunden ist. Freiheit mußte stets ein Ziel haben, und das Ziel galt nur als akzeptabel, wenn es auf das Gemeinwohl ebenso Rücksicht nahm wie auf die Freiheit und Menschenwürde anderer.
Dieser Freiheitsbegriff prägte auch den Umgang Friedrichs mit den Medien. Exzessive öffentliche Ehrverletzungen gab es unter seiner Regentschaft nicht.
Heute sehen die Medien sich gern als selbsternannte „Vierte Gewalt“. Sie begnügen sich nicht damit, über Politik zu informieren – sie maßen sich an, selber Politik zu machen. Vor allem die mit Kamera und Mikrophon „bewaffneten“ Vertreter dieser „Vierten Gewalt“ sehen sich letzten Endes als „Erste Gewalt“, die über allen anderen steht; sie gerieren sich als Ermittler, Ankläger, Richter und Henker in einer Person.
Im Preußen Friedrichs des Großen hingegen waren die Medien ein wichtiges Instrument des politischen Meinungsstreits und der öffentlichen Willensbildung. Gesetze und Verordnungen sowie die auf ihrer Basis tätigen Zensurbehörden setzten den rechtsstaatlichen Rahmen, innerhalb dessen sich Meinungs- und Pressefreiheit entfalten konnte. Diese wohl ausgewogene Rechtssicherheit ist vor allem Friedrich II. zu verdanken.
So mündet der Vergleich zwischen dem damaligen Preußen und dem heutigen Deutschland in die Feststellung: Damals gab es eine Zensur, die aber die Entfaltung von Meinungs- und Pressefreiheit nicht nachhaltig verhindern konnte (und meist auch gar nicht sollte). Heute hingegen findet laut Grundgesetz keine Zensur statt; in Wirklichkeit aber wurde sie nicht abgeschafft, sondern umbenannt – sie heißt nun „political correctness“.
Hans-Jürgen Mahlitz
1 Kommentar:
Thanks, Teena.
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