Was Luise an Caroline von Berg gefiel
Die Freundschaft der beiden Frauen war so innig, dass König Friedrich Wilhelm III. eifersüchtig wurde
Caroline von Berg (1760–1826)
war die liebste Freundin Luises von Preußen (1776–1810). Sie war keine Hofdame,
sondern eine Vertraute, von der jungen Königin im Jahre 1800 gewählt, trotz des
Altersunterschiedes von immerhin 16 Jahren. Was versprach sich Luise von dieser
Freundschaft?
Seit nunmehr sieben Jahren im
nüchternen Berlin, fehlte Luise die musische Atmosphäre ihrer Darmstädter
Jugendjahre, außerdem wusste sie sehr wohl, dass es mit ihrer Bildung nicht zum
Besten stand. Die kluge und gebildete Caroline von Berg, eine geborene von
Haeseler, eben von ihrem Mann getrennt, sollte da Abhilfe schaffen. „Bringen Sie
ein Buch mit, etwas für Herz und Kopf“, schrieb die Königin, und Caroline führte
ihre junge Freundin an Johann Gottfried Herder, Friedrich Schiller und Johann
Wolfgang von Goethe heran. Dabei ging sie nicht belehrend vor, sondern war für
Spaß und Spiel zu haben, es wurde musiziert, sie freundete sich mit den jüngeren
Geschwistern Friederike und George an.
Ein Problem war die Eifersucht
des Königs, der diese Verbindung nicht gerne sah. Unmusisch und am liebsten bei
seinen Soldaten auf dem Exerzierplatz, fürchtete er den zunehmenden Einfluss der
Freundin auf seine Frau, doch in dieser Sache blieb Luise fest. Die Sorgen
Friedrich Wilhelms III. waren nicht unbegründet, denn Caroline zählte zu den
sogenannten Patrioten. Seit ihrer Jugend mit dem Reichsfreiherrn Heinrich
Friedrich Karl vom und zum Stein befreundet, teilte sie dessen politische
Ansichten und setzte sich für den Kampf gegen Napoleon ein, während der König
nach Möglichkeit den Frieden bewahren wollte. Carolines politische Parteinahme
für die sogenannte Kriegspartei, der auch der Preußenprinz Louis Ferdinand,
zeitweilig sogar die Brüder des Königs angehörten, beeinflusste Luise und ließ
sie nach dem Oktober 1805, als die Franzosen widerrechtlich durch das preußische
Ansbach und Bayreuth marschiert waren, selbst zur „Patriotin“ werden. Doch
wandte sie sich nie offen gegen ihren Gemahl, denn Luise war sich ihrer Rolle
als Königin bewusst – eine schwierige Situation, die sie im Grunde überforderte.
Königin Luise von Preußen |
Caroline von Berg war von ihren
Vorfahren her wohlhabend, unabhängig und führte im Berliner Tiergarten ein
großes Haus. Zu ihren Freunden gehörten Herder und der Dichter Jean Paul; beide
schätzten ihr anregendes Gespräch und ihre zupackende Tatkraft. Caroline war
auch in finanziellen Engpässen hilfsbereit, ohne sich indes ausnutzen zu lassen.
Wilhelm von Humboldt gehörte zu ihren Freunden, ebenso der schwierige Gelehrte
Friedrich August Wolf.
Ihre Tochter Luise, seit 1800
mit August Ernst Graf von Voss verheiratet, einem Enkel der Oberhofmeisterin der
Königin Luise, lebte auf dem Gut Groß Gievitz in Mecklenburg; dorthin lud
Caroline ihre Freunde ein und zog sie damit in die Familie.
Als nach der Katastrophe von
Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 der Hof erst nach Königsberg und später
nach Memel floh, blieb Caroline in Berlin. Einmal war sie auf ihre
Unabhängigkeit bedacht, zum anderen wollte sie wohl den König nicht unnötig
reizen. Für Luise war es nicht leicht, in den Jahren der Not die Freundin zu
entbehren. In ihren Briefen an Caroline kommt zum Ausdruck, wie sie unter der
infamen Propaganda Napoleons litt, der sie im „Neuen Telegraph“ als blutrünstige
Amazone verleumden ließ, verbunden mit Anspielungen auf ihr heimliches Schwärmen
für den Zaren Alexander I. Die Pressepolitik Bonapartes hatte zum Ziel, Luise
beim Volk in Misskredit zu bringen, denn er fürchtete ihren Einfluss auf den
König. Luise konnte tapfer sein, wenn es um das Ertragen körperlicher Strapazen
ging, doch ihr reines, vom Streben nach Tugend bestimmtes Wesen war zynischem
Verhalten wehrlos ausgeliefert. Im Jahr 1808 besuchte Caroline die Freundin
zweimal in Königsberg. Luises Briefe nach Carolines Abreise zeugen von tiefer
Verzweiflung und Resignation: „Ich glaube an keine Zukunft mehr, Gott weiß, wo
ich begraben werde …“
Im Dezember 1809 kehrte der Hof
nach Berlin zurück, noch einmal spielte Luise die Rolle der strahlenden Königin,
obgleich sie todkrank war. Ein halbes Jahr später, am 19. Juli 1810, starb sie
im Haus ihres Vaters in Hohenzieritz in den Armen der Freundin.
Vier Jahre später, im Sommer
1814, veröffentlichte Caroline anonym eine „Denkschrift“, nach den
Befreiungskriegen als Trost für die Witwen, Waisen und Veteranen gedacht: „Die
Königin Luise – Der Preußischen Nation gewidmet“. Darin schildert Caroline ihre
Freundin aus nächster Anschauung, andererseits vermittelt sie den Zeitgenossen
das Bild einer idealisierten Königin. Wie sehr sie den Nerv der Zeit getroffen
hatte, zeigen begeisterte Rezensionen aus der höfischen Umgebung und der
gebildeten Welt – das Buch wurde zum Bestseller.
Urte v. Berg
Die Verfasserin dieses Beitrags
ist Autorin einer Biographie über ihre Verwandte mit dem Titel „Caroline
Friederike von Berg – Freundin der Königin Luise von Preußen – Ein Porträt nach
Briefen“.
Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010
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