Freitag, 27. Januar 2012

Königin Luise von Preußen und Caroline Berg

Was Luise an Caroline von Berg gefiel
 
Die Freundschaft der beiden Frauen war so innig, dass König Friedrich Wilhelm III. eifersüchtig wurde

Caroline von Berg (1760–1826) war die liebste Freundin Luises von Preußen (1776–1810). Sie war keine Hofdame, sondern eine Vertraute, von der jungen Königin im Jahre 1800 gewählt, trotz des Altersunterschiedes von immerhin 16 Jahren. Was versprach sich Luise von dieser Freundschaft? 

Seit nunmehr sieben Jahren im nüchternen Berlin, fehlte Luise die musische Atmosphäre ihrer Darmstädter Jugendjahre, außerdem wusste sie sehr wohl, dass es mit ihrer Bildung nicht zum Besten stand. Die kluge und gebildete Caroline von Berg, eine geborene von Haeseler, eben von ihrem Mann getrennt, sollte da Abhilfe schaffen. „Bringen Sie ein Buch mit, etwas für Herz und Kopf“, schrieb die Königin, und Caroline führte ihre junge Freundin an Johann Gottfried Herder, Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe heran. Dabei ging sie nicht belehrend vor, sondern war für Spaß und Spiel zu haben, es wurde musiziert, sie freundete sich mit den jüngeren Geschwistern Friederike und George an.

Ein Problem war die Eifersucht des Königs, der diese Verbindung nicht gerne sah. Unmusisch und am liebsten bei seinen Soldaten auf dem Exerzierplatz, fürchtete er den zunehmenden Einfluss der Freundin auf seine Frau, doch in dieser Sache blieb Luise fest. Die Sorgen Friedrich Wilhelms III. waren nicht unbegründet, denn Caroline zählte zu den sogenannten Patrioten. Seit ihrer Jugend mit dem Reichsfreiherrn Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein befreundet, teilte sie dessen politische Ansichten und setzte sich für den Kampf gegen Napoleon ein, während der König nach Möglichkeit den Frieden bewahren wollte. Carolines politische Parteinahme für die sogenannte Kriegspartei, der auch der Preußenprinz Louis Ferdinand, zeitweilig sogar die Brüder des Königs angehörten, beeinflusste Luise und ließ sie nach dem Oktober 1805, als die Franzosen widerrechtlich durch das preußische Ansbach und Bayreuth marschiert waren, selbst zur „Patriotin“ werden. Doch wandte sie sich nie offen gegen ihren Gemahl, denn Luise war sich ihrer Rolle als Königin bewusst – eine schwierige Situation, die sie im Grunde überforderte.

Königin Luise von Preußen
Caroline von Berg war von ihren Vorfahren her wohlhabend, unabhängig und führte im Berliner Tiergarten ein großes Haus. Zu ihren Freunden gehörten Herder und der Dichter Jean Paul; beide schätzten ihr anregendes Gespräch und ihre zupackende Tatkraft. Caroline war auch in finanziellen Engpässen hilfsbereit, ohne sich indes ausnutzen zu lassen. Wilhelm von Humboldt gehörte zu ihren Freunden, ebenso der schwierige Gelehrte Friedrich August Wolf. 

Ihre Tochter Luise, seit 1800 mit August Ernst Graf von Voss verheiratet, einem Enkel der Oberhofmeisterin der Königin Luise, lebte auf dem Gut Groß Gievitz in Mecklenburg; dorthin lud Caroline ihre Freunde ein und zog sie damit in die Familie.

Als nach der Ka­ta­strophe von Jena und Auerstedt am 14. Ok­to­ber 1806 der Hof erst nach Königsberg und später nach Memel floh, blieb Caroline in Berlin. Einmal war sie auf ihre Unabhängigkeit bedacht, zum anderen wollte sie wohl den König nicht unnötig reizen. Für Luise war es nicht leicht, in den Jahren der Not die Freundin zu entbehren. In ihren Briefen an Caroline kommt zum Ausdruck, wie sie unter der infamen Propaganda Napoleons litt, der sie im „Neuen Telegraph“ als blutrünstige Amazone verleumden ließ, verbunden mit Anspielungen auf ihr heimliches Schwärmen für den Zaren Alexander I. Die Pressepolitik Bonapartes hatte zum Ziel, Luise beim Volk in Misskredit zu bringen, denn er fürchtete ihren Einfluss auf den König. Luise konnte tapfer sein, wenn es um das Ertragen körperlicher Strapazen ging, doch ihr reines, vom Streben nach Tugend bestimmtes Wesen war zynischem Verhalten wehrlos ausgeliefert. Im Jahr 1808 besuchte Caroline die Freundin zweimal in Königsberg. Luises Briefe nach Carolines Abreise zeugen von tiefer Verzweiflung und Resignation: „Ich glaube an keine Zukunft mehr, Gott weiß, wo ich begraben werde …“

Im Dezember 1809 kehrte der Hof nach Berlin zurück, noch einmal spielte Luise die Rolle der strahlenden Königin, obgleich sie todkrank war. Ein halbes Jahr später, am 19. Juli 1810, starb sie im Haus ihres Vaters in Hohenzieritz in den Armen der Freundin.

Vier Jahre später, im Sommer 1814, veröffentlichte Caroline anonym eine „Denkschrift“, nach den Befreiungskriegen als Trost für die Witwen, Waisen und Veteranen gedacht: „Die Königin Luise – Der Preußischen Nation gewidmet“. Darin schildert Caroline ihre Freundin aus nächster Anschauung, andererseits vermittelt sie den Zeitgenossen das Bild einer idealisierten Königin. Wie sehr sie den Nerv der Zeit getroffen hatte, zeigen begeisterte Rezensionen aus der höfischen Umgebung und der gebildeten Welt – das Buch wurde zum Bestseller.        

Urte v. Berg

Die Verfasserin dieses Beitrags ist Autorin einer Biographie über ihre Verwandte mit dem Titel „Caroline Friederike von Berg – Freundin der Königin Luise von Preußen – Ein Porträt nach Briefen“. 

Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010  



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