Mittwoch, 29. Dezember 2010

Die Nachnutzungsphantasien des Berliner Senats und, und, und ...

Tempelhof im Winter. Foto © Das Thema Tempelhof e.V. 2010
Die Verkehrssysteme am Boden und in der Luft nehmen sich ihre mutmaßlich vermeidbare Winterkrise. Dass dann Flüge später kommen, müsste eigentlich klar sein, offensichtlich aber nicht der BVG und den Taxifahrern, die fehlten dann nämlich spät nachts in Tegel einfach.

Auch sonst geht da zuweilen nichts: Daß Koffer vorübergehend weg sind, muß man hinnehmen, daß sie aber für Tage auf dem Vorfeld des Flughafens herumstehen, doch eher nicht. Passagiere erhalten stattdessen die Auskunft, daß es „zu kalt und zu dunkel“ zum Ausladen wäre. Flughafenchef Prof. Dr. Schwarz sollte sich um den Alltag, hier das eingeschneite Gepäck in Tegel, sorgen, anstatt Fototermine mit dem 22-millionsten Passagier zu organisieren, wie jüngst passiert.

Auf der geöffneten und dann zugeschneiten Klappe: „Willkommen in Berlin-Tegel.“ Foto © Das Thema Tempelhof e.V. 2010

Aber anstatt über diese Probleme zu berichten, verkündete uns Joachim Fahrun in der „Berliner Morgenpost“ vom 26.12.2010, daß der Berliner Senat 250 (zweihundertfünfzig) Millionen Euro für die „Zukunft von Tempelhof“ ausgeben will.

Wenn man aber die Luft aus diesem verbalen Wohlfühl-Soufflé raus läßt, bleibt als Erkenntnis übrig, dass 250 Millionen Euro für die nächsten 15 (!) Jahre nur dazu dienen können mit der Tempelhof Projekt GmbH ein weiteres Potemkinsches Dorf aufzubauen, das allein für seine bloße Existenz bezahlt wird.

Die B.Z. vom gleichen Tag weist dankenswerter Weise darauf hin, daß „in dem Betrag ... weder die Bebauung des Geländes noch die Sanierung des historischen Flughafengebäudes enthalten [sind].“

Im klammen Berlin werden dann also zukünftig pro Jahr 16,7 Millionen zusätzlich (!) für bisher nur zu vermutende Planungsarbeiten von ca. 23 Beschäftigten ausgegeben. Nebst den 20 Millionen Euro jährlicher Unterhaltskosten addieren sich damit die jährlichen Gesamtkosten für die Stadtbrache Tempelhof auf satte 36,7 Millionen Euro. Wir erinnern uns, daß der Flughafen Tempelhof wegen vermeintlicher Betriebsverluste von 10 Mio. Euro/Jahr geschlossen wurde.

In Dresden wurden übrigens 180 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Frauenkirche aufgebracht und hier verbrennt der Senat Hunderte von Millionen Euro, um eine wichtige Infrastruktureinrichtung stillzulegen - auch das ist ein Berliner Alleinstellungsmerkmal im wahrsten Sinne des Wortes.

Und obwohl man den Stillstand und Verfall in Tempelhof geradezu mit den Händen greifen kann, lesen wir dann im Fahrun-Artikel, daß es „Steindorf ... schleierhaft [ist], warum sich in der Stadt hartnäckig der Eindruck hält, es gebe kein Konzept für Tempelhof.“ Steindorf sollte sich fragen, ob nicht vielleicht die Realität in Tempelhof diesen Eindruck erzeugt.

Und: „Steindorf findet, die asiatischen Shaolin-Mönche könnten ein festes Kloster errichten, schließlich sei der „Dialog der Religionen“ durch die angrenzende Moschee und den in der Hasenheide geplanten Hindu-Tempel ein Thema für die „Tempelhofer Freiheit“.“

Nur erheitern kann einen schließlich der Hinweis, daß die von Steindorf geleitete Tempelhof Projekt GmbH eine „privatrechtlich organisierte Tochter der landeseigenen Adlershof-Managementgesellschaft Wista“ sei. Diese Organisationsform ändert jedoch nichts daran, dass es sich um eine weitere Aktivität des öffentlichen Sektors handelt, der nicht gerade für seine Effizienz bekannt ist.

Die Kulissen-Schieberei und Polit-Lyrik à la Junge-Reyer und Lüscher geht also munter weiter und der Senat bleibt gerade auch im Nachhinein eine Begründung für die Schließung der intakten Infrastruktureinrichtung Flughafen Tempelhof schuldig, da die vielbeschworene Nachnutzung offenkundig aus einem aufgeblasenen und teuren Nichts besteht. Und Fahruns Artikel begleitet diese Inszenierung mit einem Stück Verlautbarungsjournalismus, das den Vergleich mit keinem historischen Vorbild zu scheuen braucht.

Was passiert derweil sonst noch in Tempelhof?

Der Berliner Senat ließ nun auf dem geschlossenen Flughafen Tempelhof Loipen für den Ski-Langlauf ziehen. Einige Nutzer beschwerten sich ob der mangelnden Professionalität dieser Loipen-Verlegung.

Was passiert derweil sonst noch in Schönefeld?

Die Berliner Morgenpost vom 27.12.10 meldet, daß es beim geplanten Regierungsterminal im BBI zu vollkommen unerwarteten Kostensteigerungen von 125 Millionen Euro auf 310 Millionen Euro gekommen ist, so daß der Regierungsterminal nicht 2012 fertig werden wird und die Bundesrepublik Deutschland ihre Staatsgäste zwischenzeitlich (mindestens bis 2014) im schäbigen Terminal A des ehemaligen "DDR"-Regierungsflughafens empfangen muß. Auch diese Meldung passt in das negative Gesamtbild. Und Tempelhof wäre auch hier eine Alternative.

Dem zukünftigen BBI prognostiziert schließlich der Lufthansa-Vorstandsbevollmächtigte für Berlin und Brandenburg, Thomas Kropp, für den Fall von hohen Flughafengebühren den Verlust seiner Wettbewerbsfähigkeit.

Klaus Wowereit wird jedenfalls von diesen „Kleinigkeiten“ vollkommen unberührt bei der Berlinale im Februar 2011, im Kreis des auch von uns herzlich willkommenen internationalen Film-Business, antichambrieren, unbeschadet dessen, daß seine Partei 2008 gegen Tempelhof die Parole „Ick zahl doch nich für‘n VIP-Flughafen!“ plakatieren ließ – das ist Wowereits Berlin in Reinform!

Trotz alledem wünschen wir allen Tempelhof-Freunden einen guten Rutsch und ein erfolgreiches Jahr 2011! EDDI ist unvergessen und Totgesagte leben bekanntlich länger!

Mit den besten Grüßen
Ihr Thema-Tempelhof Team


© Das Thema Tempelhof e.V. 2010: Direkte und indirekte Textzitate sind nur mit einer vollständigen Quellenangabe zulässig.

Der Newsletter „Das Thema Tempelhof“ - die Fachinformation zum Flughafen Tempelhof und zum Flughafensystem der Region Berlin-Brandenburg, wird herausgegeben vom Verein „Das Thema Tempelhof e.V.“ 

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