BERLIN. Vor genau 140 Jahren wurde im Spiegelsaal von Versailles mit der Ausrufung des preußischen Königs Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser das Deutsche Reich gegründet. Wilhelm I. versprach, „allzeit Mehrer des Deutschen Reichs zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens auf dem Gebiet nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung“. Ihm zur Seite stand Reichskanzler Otto von Bismarck.
Als Tag hatte man den 18. Januar auserwählt, weil an diesem 170 Jahre zuvor Friedrich I. zum ersten preußischen König gekrönt worden war. Eine Krönung Wilhelm I. fand jedoch nicht statt, da er sein Kaisertum nicht „von Gottes Gnaden“ erhielt, sondern von den deutschen Landesherren unter der Führung des Bayerischen Königs Ludwig II. Obwohl später die neue Kaiserkrone überall präsent war, ob im Wappen des Reiches oder auf Münzen, hat es sie gegenständlich nie gegeben.
Vorausgegangen waren der Reichsgründung die sogenannten drei Deutschen Einigungskriege – der Deutsch-Dänische Krieg 1864, der Preußisch-Österreichische Krieg 1866 und der Deutsch-Französische-Krieg von 1870/71 – aus denen Deutschland beziehungsweise Preußen jeweils siegreich hervorgingen. Der seit 1815 bestehende Deutsche Bund war bereits 1866 aufgelöst worden. An seine Stelle trat der Norddeutsche Bund, dessen Verfassung vom 26. Juli 1867 nach dem Beitritt der süddeutschen Staaten (Großherzogtum Baden, Großherzogtum Hessen, Königreich Bayern, Königreich Württemberg) im November 1870 auch als Vorlage zur Reichsverfassung diente.
Kaiser als Oberbefehlshaber
Am 9. Dezember 1870 beantragte der Bundesrat, den erweiterten Bund „Deutsches Reich“ zu nennen, was der Reichstag am 10. Dezember 1870 genehmigte. Am 31. Dezember 1870 wurde die neue Verfassung des Deutschen Reichs verkündet, womit der Norddeutsche Bund offiziell sein Ende nahm. Die meisten Gesetze des Norddeutschen Bundes gingen auf das Deutsche Reich über. Am 29. Januar 1871 wurden schließlich in Berlin die Ratifikationsurkunden ausgetauscht.
Als Reichsflagge wurden die Farben Schwarz-Weiß-Rot vom Norddeutschen Bund übernommen. Otto von Bismarck hatte 1870 diese Kombination der Hanseatischen Farben Weiß und Rot mit dem Preußischen schwarzweiß, auf das neu zu gründende Kaiserreich übertragen.
Das Kaiserreich wurde von der Gesamtheit der deutschen Fürsten und Freien Städte als Bundesstaat gegründet. Der Kaisertitel war erblich und lag beim preußischen König, der als Kaiser den Oberbefehl über die gesamte deutsche Land- und Seemacht ausübte. Er hatte das Recht zur Einberufung, Eröffnung und Schließung des Reichstags und ernannte den Reichskanzler, der im Regelfall zugleich preußischer Ministerpräsident war und den Vorsitz im Bundesrat führte.
Einführung der Mark
Dem Reichskanzler unterstellt waren die Staatssekretäre als Leiter der Reichsämter. Träger des Gesetzgebungsverfahrens für Reichsgesetze war der Reichstag in der neuen Reichshauptstadt Berlin. Seine rund 400 Abgeordneten wurden in allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlen gewählt.
Der Zusammenschluß der deutschen Staaten ermöglichte die Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten, von Zolltarifen und Verbrauchssteuern sowie des Münzwesens. In den Jahren nach der Reichseinigung verschwanden Taler und Gulden aus dem Zahlungsverkehr. Anstelle der verschiedenen Währungseinheiten trat eine einheitliche, auf dem Goldstandard basierende Währung: die Mark zu 100 Pfennig. Das 1868 im Norddeutschen Bund eingeführte metrische System wurde auf das Reich übertragen.
Das Deutsche Kaiserreich, dessen Einwohnerzahl sich von 39 Millionen 1871 auf über 68 Millionen stieg, endete im November 1918 mit der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg und der Abdankung Wilhelm II. (bä/krk)
Quelle: Junge Freiheit
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