Freitag, 28. Januar 2011

Pommern unter der national-sozialistischen Diktatur und im Zweiten Weltkrieg

Die Machtübernahme 1933 gestaltete sich für die Nationalsozialisten bei der oben genannten Ausgangslage in Pommern problemlos. Ein weiteres Verhängnis sollte darin bestehen, dass die NSDAP mit Franz Schwede (er nannte sich Schwede-Coburg) 1934 einen Gauleiter für den Gau Pommern bestellte (die preußische Provinz bestand mit der NSDAP-Machtübernahme nur noch proforma), der sich als besonders ergeben und brutal und in diesen Eigenschaften als erfolgreich in der oberfränkischen Stadt Coburg erwiesen hatte. 

Evakurierung Kolbergs
Diese Stadt gewann er als erste im Reich für die NSDAP. Er hatte dort persönlich an Mißhandlungen von Nazi-Gegnern teilgenommen. Die Verfolgung der Juden – besonders seit der „Reichskristallnacht“ 1938 – wurde von Schwede mit besonderem Eifer betrieben. In Stettin wurde 1940 reichsweit überhaupt der erste Transport zusammengestellt, der deutsche Juden aus dem Reich (dem Stettiner Raum) außerhalb der Reichsgrenzen nach Lublin deportierte, dies schon mit einer sehr hohen Opferzahl. Für den Übereifer bzw. die Eigeninitiative gab es sogar einen Rüffel aus Berlin, weil dafür noch keine Planungen und Vorbreitungen vorgelegen hatten. Die ersten vertriebenen, deportierten und massenhaft umgebrachten Pommern in jenem Jahrhundert waren Juden!

V2 beim Start, erreiche 84 km den Weltraum
Bereits seit 1936 wurde in Peenemünde ein Raketenversuchsprogramm betrieben, das in die Erprobung der später sogenannten V-(V=Vergeltung) Waffen mündete, denen über 6.184 Londoner und Tausende Antwerpener zum Opfer fielen (vor allem durch den ersten Marschflugkörper V1). Tausende KZ-Häftlinge mußten bei der Produktion im Harz sowie durch Bombenangriffe auf Peenemünde ihr Leben lassen. Die Ambivalenz dieses Programms ist daran ablesbar, daß in diesem Rahmen von einer Peenemünder Rampe zum ersten Mal eine Rakete (A4/V2) mit 84,5 km den Weltraum (nach NASA-Definition 80 km) erreichte und vor allem alle wichtigen Raketenprogramme – die der USA, der Sowjetunion und auch Frankreichs – auf den Forschungen dieses Programms basieren, alle unter Einbeziehung von angeworbenen Peenemünder Ingenieuren. Selbst das erfolgreiche US-Mondfahrtprogramm Apollo basierte darauf.

Stargard vor dem Krieg, das pommersche Rothenburg
Der Beginn des Zweiten Weltkrieges mit dem Angriff auf Polen erfolgte in breiter Front von pommerschem Gebiet aus in Richtung Tucheler Heide (Westpreußen), daran nahm in vorderster Front auch der spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker teil. Ab Ende Januar 1945 erreichte dann der Landkrieg (vorher schon der Bombenkrieg Stettin, Anklam, Stralsund, Peenemünde und Sassnitz) auch pommersches Gebiet. Zunächst jenes Gebiet, das erst 1938 durch Franz Schwede in Pommern als Grenzmark Posen-Westpreußen (Hauptstadt Schneidemühl) eingegliedert wurde. Der mit großem propagandistischen Aufwand errichtete Pommernwall erwies sich als völlig bedeutungslos.

Stargard nach dem Krieg
Furchtbare Szenen spielten sich auch bei der Evakuierung der Bevölkerung über die Ostsee ab, der Untergang der Wilhelm Gustloff mit Tausenden Zivilisten vor der pommerschen Küste ist nur das namhafteste Beispiel. Immerhin aber gelang es, den größten Teil der Bürger sowie Flüchtlinge (70.000-80.000) aus der eingeschlossenen Stadt Kolberg über See zu retten, obgleich weit über hundert der bereits aus Kolberg Evakuierten bei dem schweren amerikanischen Bombenangriff auf Swinemünde durch Volltreffer auf im Hafen liegende Schiffe ums Leben kamen. Nur ein Jahr zuvor mussten der Name Kolbergs und die Kulissen der Stadt Treptow für den gleichnamigen Propagandafilm von Josef Goebbels (Regie Veit Harlan) herhalten.

Stralsund bei Kriegsende
Der Vormarsch der russischen Truppen in Pommern war von besonderer Grausamkeit gegen die Zivilbevölkerung gekennzeichnet, die aufgrund der NS-Durchhalteparolen häufig erst zu spät die Treck- bzw. Fluchterlaubnis erhielt. Diese besondere Grausamkeit, einhergehend mit Massentötungen und Massenvergewaltigungen, hatte wohl ihren Grund in dem Vertreibungsdruck, der ausgeübt werden sollte, denn die Abtrennung der ostdeutschen Provinzen von Deutschland war von den Siegermächten bereits in Jalta beschlossen worden.

Von der Sowjetarmee zerstörter Flüchtigstreck
Nach 1945 wurde das östliche Pommern mit Stettin (Stettin entgegen dem Text des Potsdamer Protokolls) und Swinemünde unter polnische Verwaltung gestellt, die deutsche Bevölkerung völkerrechtswidrig vertrieben und über ganz Deutschland jenseits der Oder verstreut, größtenteils nach Vorpommern, Mecklenburg, Schleswig-Holstein und in das 1946 neu gegründete Land Nordrhein- Westfalen. Hierher, vor allem ins Ruhrgebiet, kamen in den 1950er Jahren die meisten Pommern, da sie hier in großem Umfang Arbeit bekamen, etwas, was das bis dahin westliche Hauptaufnahmeland Schleswig-Holstein nicht leisten konnte.


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