Mittwoch, 12. Januar 2011

Vertreibung und Potsdamer Konferenz

Für die Idee, die Deutschen aus ihrer Heimat zu vertreiben, waren Präzedenzfälle keine zwangsläufige Voraussetzung, aber diese erleichterten die internationale Rechtfertigung eines solchen Gedankens und diese Präzedenzfälle gab es: die Deportation der Armenier durch Türken und der „Bevölkerungsaustausch“ zwischenGriechenland und der Türkei. Letzteres zwischen beiden Staaten im Vertrag von Lausanne besiegelt. 
Jalta-Konferenz der Kriegsverbrecher Churchill, Roosevelt, Stalin

Gerade dieser Fall war dann später auch für den US-Präsidenten Roosevelt ein entscheidendes Argument, sich auf der Konferenz von Jalta mit einer von Stalin ins Spiel gebrachten „Umsiedlung“ von Deutschen aus jenem Gebiet, abzufinden, über das man sich schon auf der Teheran-Konferenz geeinigt hatte, daß es von Deutschland an Polen übergeben werden soll. Premier Churchill verdeutlichte in Teheran die Westverschiebung Polens zugunsten Russlands und zu Lasten Deutschlands mit dem legendär gewordenen Verschieben von Streichhölzern, worüber sich Stalin amüsiert haben soll. 


Karte des Polnischen Westinstituts 1944
Auf der Potsdamer Konferenz der drei Sieger Rußland, Großbritannien und USA wurde dann das fixiert, auf das sich Stalin bei der Vertreibung berufen konnte und worüber eigentlich auch schon in Jalta eine grobe Einigung erzielt wurde. Die Westalliierten haben sich hinter für diese dem Völkerrecht Hohn sprechende Abmachung entschuldigt, daß ihnen unter den Bedingungen gar nichts anderes übrig geblieben sei. Der Text, der die Vertreibung legitimieren soll, ist allerdings so gefaßt, daß er die Vertreibung von Deutschen aus den zum Deutschen Reich gehörenden Gebieten nicht hergibt. So lautet der betreffende Abschnitt XIII:

Die Konferenz erzielte folgendes Abkommen über die Ausweisung Deutscher aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn: Die drei Regierungen haben die Frage unter allen Gesichtspunkten beraten und erkennen an, daß die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt werden muß. Sie stimmen darin überein, daß jede derartige Überführung, die stattfinden wird, in ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen soll.

Es sollen also die Deutschen aus „Polen“ ausgewiesen werden, aber die Grenzen Polens sind noch gar nicht festgelegt, sondern sollten ja einer nachfolgenden Friedenskonferenz vorbehalten sein. Folglich wäre dieser Text nur die Grundlage für ein Polen vor Kriegsbeginn. – Es ist jedoch ohnehin müßig, hier eine Willkür gegen eine andere Willkür zu stellen, es bleibt alles reine, auch durch das damalige Völkerrecht nicht gedeckte Willkür (siehe dazu die Thesen des US-amerikanischen Wissenschaftlers Alfred de Zayas).


Dass Sowjets und Polen eine Potsdamer Legitimation für ihre Grenzziehung und das damit umsteckte Vertreibungsgebiet nicht wirklich brauchten, ist an der Gebietserweiterung für Polen über den Wortlaut des Potsdamer Protokolls hinaus erkennbar.

Dort heißt es noch in Abschnitt IX: 

Die Häupter der drei Regierungen stimmen darin überein, daß bis zur endgültigen Festlegung der Westgrenze Polens die früher deutschen Gebiete östlich der Linie, die von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur Einmündung der westlichen Neiße und die westliche Neiße entlang bis zur tschechoslowakischen Grenze verläuft [...] unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen..." S.118
Aischmanns Buch enthält neue Daten zur Stettiner Frage
Dennoch wurde entgegen diesem Wortlaut Stettin und ein breiter Streifen westlich davon, einschließlich des Städtchens Neuwarp am Warper See (Ausbuchtung des Stettiner Haffs), auf der Grundlage sowjetisch-polnischer Verhandlungen, die in die sogenannte Schweriner Grenzvereinbarung vom 21. September 1945 mündeten, Polen unterstellt. Der in Heidelberg geborene polnische Verhandlungspartner Piotr Zaremba versuchte in den dazu in Greifswald vorangehenden Verhandlungen mit der Sowjetischen Militäradministration noch ganz Usedom unter polnische Kontrolle zu bringen, was jedoch hier an einem entschlossenen Njet der Sowjets scheiterte.

Polen versuchte schon vorher, vollendete Tatsachen zu schaffen. So ist noch ein Telegramm vom 4. September 1945 erhalten, in welchem des Landratsamt Randow aus Pölitz (auch westlich der Oder) einen Hilferuf in Richtung Schwerin ergehen lässt wegen Besetzung seiner Räume durch polnische Bürger. Hier ging Zarembas Taktik der vollendeten Tatsachen auf. S. 118 f





Keine Kommentare: