Stralsund: Schwedisches Kommandantenhaus |
Einen tiefen Einschnitt brachte der Dreißigjährige Krieg (1618- 1648), der – zu großen Teilen zwischen schwedischen Truppen und Kaiserlichen auf pommerschem Territorium ausgetragen – die Bevölkerung Pommerns auf die Hälfte reduzierte. Seinen Beginn nahm dieses Verhängnis mit der Landung des Schwedenkönigs Gustav II. Adolf am 6. Juli 1630 in Peenemünde. Er war mit finanzieller Unterstützung des katholischen Frankreichs in den bisher deutschen Krieg eingetreten, um den Protestantismus in Norddeutschland zu retten (was gelang) und um eine schwedische Großmachtposition aufzubauen, was zumindest im Ostseeraum glückte, wenngleich Gustav Adolf diese Früchte nicht mehr ernten konnte. In diese Zeit fiel mit dem Tod des letzten Greifenherzoges Bogislaw XIV. 1637 das Ende der Greifendynastie im Mannesstamm. Bei all den Grausamkeiten, die auf pommerschem Boden die Bevölkerung dezimierten, ist das Massaker an der Zivilbevölkerung und das Inferno zu nennen, das unter dem Kommando des kaiserlichen Obristen Hans von Goetz in Pasewalk verübt wurde.
Stettin: Berliner Tor (1725) |
Nach dem Westfälischen Frieden 1648 fiel Vorpommern und ein Landstreifen östlich der Oder (einschließlich Stettin, Altdamm und Gollnow) unter schwedische Herrschaft (das sogenannte Schwedisch Pommern), blieb jedoch weiterhin Teil des Römischen Reiches Deutscher Nation. Königin Christina von Schweden (in der Nachfolge die schwedischen Könige) war damit zugleich deutsche Reichsfürstin mit Sitz und Stimme im Reichstag. Ein Status, der bis zum Ende des Reiches 1806 galt. Erst danach, also 1806, wurde Schwedisch Pommern (der Rest nördlich der Peene) in das Königreich Schweden (bis 1814), eingegliedert, aber nur juristisch, kaum real, weil die Wirren der napoleonischen Kriege mit mehrfachen Besetzungen Vorpommerns dies verhinderten. Im Zusammenhang mit der napoleonischen Besetzung ist erwähnenswert, dass Kolberg neben Graudenz in Westpreußen die einzige preußische, ja deutsche Stadt war, die durch den Widerstand unter Neidhardt von Gneisenau und Joachim Nettelbeck nicht von den napoleonischen Truppen eingenommen werden konnte und auch nicht nach dem Waffenstillstand vom 7. Juli 1807 besetzt wurde.
1814 gelangte Vorpommern im Tausch gegen Norwegen an Dänemark, was aber faktisch nicht mehr vollzogen wurde, so dass die Übergabe an Preußen (beschlossen auf dem Wiener Kongress 1815) durch Schweden erfolgte.
Stargard vor dem Krieg |
Hinterpommern, das allerdings erst 1654 von Schweden geräumt wurde, fiel nach dem Aussterben des pommerschen Herzogshauses und gemäß des Westfälischen Friedens an Brandenburg. Brandenburg bzw. inzwischen Preußen konnte im Frieden von Stockholm (1720) Stettin und Vorpommern bis zur Peene und zum Peenestrom hinzugewinnen (Altvorpommern), vorher war Stargard Verwaltungssitz. Zwar war es 43 Jahre zuvor dem Großen Kurfürsten 1677 gelungen, unter schwerem Beschuß (Turm von St. Jakobi zerstört) Stettin zu erobern, jedoch mußte er dies im Frieden von St. Germain an Schweden zurückgeben. Pommern sollte in der Folge ein preußisches Kernland werden, das nach der ersten Teilung Polens (1772) durch die Vergrößerung Preußens fast 150 Jahre lang keine direkte Grenze zu einem polnischen Staat hatte.
Anklam: Markt 1841 |
Vorpommern nördlich der Peene blieb bis 1814/15 der letzte Teil von Schwedisch Pommern (dazwischen gab es noch ein fünfjähriges dänisches Interim). Nach der Übergabe an Preußen nannte man es Neuvorpommern (der vor Preußen neu hinzugewonnene Teil Vorpommerns; Gegensatz Altvorpommern – der schon 1720 gewonnene Teil Vorpommerns). Aus Neuvorpommern wurde der Regierungsbezirk Stralsund gebildet, der bis 1932 Bestand hatte, dann wurde er in den Regierungsbezirk Stettin eingegliedert.
Bis aber Preußen in den Besitz ganz Pommerns gelangte, wurden auf dem Gebiet Pommerns zahlreiche Kriege der Mächte Schweden und Preußen in unterschiedlichen Konstellationen ausgefochten (Großer Nordischer Krieg, Siebenjähriger Krieg), so daß sich das Land vom Westfälischen Frieden (1648) bis zum Wiener Kongress (1815) kaum erholen konnte, sondern schwer darniederlag. Greifswald hatte beispielswiese 1805 etwa die gleiche Einwohnerzahl wie nach dem 30-jährigen Krieg, also mehr als 150 Jahre zuvor.
Eine deutliche Blüte erlebte (nun ganz) Pommern unter Preußen nach der Wiedervereinigung Pommerns von 1815. Jetzt erst überholte Stettin in Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft Stralsund, das bis dahin immer die bedeutendste Stadt Pommerns war (seit Zugehörigkeit zum Herzogtum 1325/54) und zwar so bedeutend, daß es sich zur Herzogszeit kaum um die Landesherrn scherte.
Stettin: Baumbrücke |
Der Produktivitätszuwachs auf dem Lande führte bald zu einem Bevölkerungsüberschuß und einer daraus resultierenden Landflucht in die großen Städte, vor allem nach Berlin. Weiterhin wanderten große Gruppen nach Nordamerika aus (vor allem in den US-Staat Wisconsin, wo sich heute noch ein bedeutender Teil zu seinen pommerschen Wurzeln bekennt) und nach Brasilien, besonders in die südbrasilianischen Bundesstaaten Santa Catarina und Rio Grande do Sul. Die Nachfahren der Pommern nennen sich dort Pomeranos (bedeutender Ort ist die Stadt Pomerode), die viel von der plattdeutschen Sprache (Pommersch Platt) und von der Kultur ihres Ursprungslandes und dazu ihre evangelische Konfession bewahrt haben. Die ca. 250.000 Pom(m)eranos sind die größte Gruppe Deutschstämmiger (2 Millionen) in Brasilien (190 Mio.).
Der Prozeß des Aufschwungs der preußischen Provinz Pommern beschleunigte sich noch einmal mit der Gründung des Kaiserreiches 1871 und zwar in jeder Hinsicht: Wirtschaft (Industrialisierung, Handel, Landwirtschaft und Fremdenverkehr, Stettin kletterte über die 100.000 Einwohner-Marke und wurde Großstadt) wie auch Kultur und Bildung: Die Universität Greifswald erlebte einen nie zuvor dagewesenen Aufschwung. Stettin war längst nicht nur Hafen- und Werftstadt (z B. Vulcan, Oderwerke, Greifenwerft), hier wurde u.a. in der Nachfolge der Firmengründung von Bernhard Stoewer sen. Autos, Fahrräder, Nähmaschen, Schreibmaschinen usw. hergestellt.
Der ganze Gegensatz dazu war nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg bzw. 1919 nach dem Frieden von Versailles zu beobachten. Pommern konnte sich wirtschaftlich von den Kriegsfolgen nicht erholen, so daß auch hier (wie im Reich allgemein) die Weimarer Republik weitgehend unpopulär war. Pommern hatte nun nach 150 Jahren wieder eine Grenze zu Polen. Die Schikanen, welche die Land-Durchreisenden (Eisenbahn) von Pommern nach Danzig und Ostpreußen seitens der Zweiten Polnischen Republik ausgesetzt waren, blieben nicht ohne Rückwirkung auf die Beurteilung Polens in der öffentlichen Meinung Pommerns. Es mußte von Stettin aus extra ein Seedienst Ostpreußen aufgebaut werden, um den „Polnischen Korridor“ auf dem Seeweg zu umgehen.
Kösliner Siedlung für Westpreußen |
Hinzu kam das Unruhepotential, das durch die Aufnahme jener Deutschen entstand, die von dem neu geschaffenen polnischen Staat aus Westpreußen und Posen gedrängt, de facto also schon vertrieben wurden. Neue Siedlungen mußten für diese geschaffen werden, was bei der allgemeinen Armut die Probleme verschärfte.
Diese Umstände, aber auch die traditionell obrigkeitstreue Landbevölkerung war eine Grundlage für die – im Vergleich zum Reich – überdurchschnittliche Anhängerschaft deutsch-nationaler Strömungen (Ausnahme die Hafen- und Industriestadt Stettin und Umland mit sozialdemokratischer und kommunistischer Anhängerschaft von über 50%). Die starke deutsch-nationale Verwurzelung (Partei: DNVP) wurde dann durch den Abschluß der Harzburger Front, was einem Ritterschlag der NSDAP gleichkam, zum Verhängnis (die NSDAP war vorher in Pommern völlig unbedeutend, noch bei der Reichstagswahl 1928 bekam sie nur 1,5% bei einem Reichsdurchschnitt von 2,6 %!).
Quelle: Pommersche Landsmannschaft
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